Kampf gegen Tachobetrug, Lohndrückerei bei Entsendungen und Maßnahmen gegen Preisdumpin

28. Mai 2018

Themenvorschau für die Plenarsitzung des Europäischen Parlaments ins Straßburg

In der nächsten Woche tagt das Europäische Parlament in Straßburg. Dort wird mein Initiativbericht zur Bekämpfung von Tachobetrug vorgestellt und anschließend darüber abgestimmt.

Hierzu und zu weiteren Themen die sich auch auf unsere Heimatregion auswirken werden, bekommen Sie im Laufe der Woche genauere Informationen und hier eine kurze Vorschau:

Tachobetrug bekämpfen!

Legislativer Initiativbericht; Debatte am Mittwoch, 30.5.2018, ab 16 Uhr; Abstimmung am Donnerstag, 31.5.2018, ab 12 Uhr Pressekonferenz am Mittwoch, 30.5.2018, um 11h, im Presseraum in Straßburg, Livestream hier Ismail ERTUG MdEP, verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europaparlament, Büro +32 228 47547

Hintergrund: Derzeit haben in Europa 5 bis 12 Prozent aller gebrauchten PKW im nationalen Handel und 30 bis 50 Prozent im grenzüberschreitenden Handel einen manipulierten Kilometerstand. Dadurch entstehen den Verbraucherinnen und Verbrauchern zwischen 5,5 und 9,6 Milliarden Schaden jährlich. Manche Mitgliedsstaaten wie Belgien und die Niederlande haben mit dem „Carpass“ bzw. dem „Nationale Autopas“ bereits eigenständige Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung initiiert. Weiterhin existieren technische Maßnahmen, um Manipulationen des Kilometerzählers zu verhindern. Allerdings gibt es auf europäischer Ebene bisher keinen kohärenten gesetzlichen Rahmen, um Tachobetrug wirksam zu bekämpfen und das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Gebrauchtwagenmarkt wieder herzustellen.

EP-Position: Der Verkehrsausschuss hat den Bericht von Ismail Ertug im April 2018 einstimmig angenommen. Der Bericht enthält vier wesentliche Maßnahmen: 1. Die Europäische Kommission soll einen gesetzlichen Rahmen dafür schaffen, dass die Mitgliedsstaaten analog zum belgischen Modell Datenbanken für Tachostände einrichten, in denen Kilometerstände bei Werkstattbesuchen und Hauptuntersuchungen gespeichert werden. Diese Datenbanken sollen EU-weit kompatibel sein und auch grenzüberschreitende Abfragen ermöglichen. 2. Technische Maßnahmen wie zum Beispiel Hardware-Sicherheitsmodule, sichere Hardware-Erweiterungen und die Anwendung international anerkannter Standards zur IT-Sicherheit, sollen verpflichtend werden. 3. Zunehmens sind vernetzte Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs, die bereits Daten wie den Kilometerstand an die Hersteller schicken. Die EU-Kommission soll daher einen Rechtsrahmen dafür schaffen, dass diese Daten beim Gebrauchtwagenkauf zur Verifizierung des Kilometerstandes genutzt werden dürfen. 4. Die EU-Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, Tachobetrug als Straftatbestand in ihre Gesetzgebung aufzunehmen und sie entsprechend zu verfolgen und zu ahnden.

SPD-Position: Der Gesetzesentwurf geht auf eine Initiative von Ismail Ertug, verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, im Verkehrsausschuss zurück und wird von den Abgeordneten unterstützt. Besonders wichtig ist für die Sozialdemokraten, dass möglichst schnell ein Rechtsrahmen für die Datenbanken geschaffen wird und der Austausch dieser Daten beim grenzüberschreitenden Fahrzeugkauf funktioniert. Aber auch die Hersteller sind in der Pflicht, alle technisch machbaren Maßnahmen zu ergreifen, damit Betrüger keine Chance mehr haben.

Ausblick: Der Bericht wurde im Verkehrsausschuss mit nur einer Gegenstimme angenommen und wird voraussichtlich eine breite Mehrheit im Plenum finden. Seit dem Vertrag von Lissabon hat das Europäische Parlament ein indirektes Gesetzesinitiativrecht und kann die Europäische Kommission dazu auffordern, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen (Artikel 225). Der Verkehrsausschuss hat für dieses wichtige Thema zum ersten Mal von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

FaireArbeit - Sozialdemokraten verhindern

Lohndrückerei bei Entsendungen

Revision der Entsenderichtlinie; Debatte im Plenum am Dienstag, 29.05.2018, ab 9 Uhr, Abstimmung ab 12.30 Uhr

Hintergrund: Eines der wichtigsten Sozialgesetze dieser Legislaturperiode befindet sich auf der Zielgeraden: Das Plenum wird am Dienstag, 29.05.2018 voraussichtlich das Verhandlungsergebnis zur Revision der Entsenderichtlinie bestätigen. Damit werden entsandte Beschäftigte – also Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die für einen begrenzten Zeitraum außerhalb des Landes arbeiten, in dem sie normalerweise tätig sind – besser vor Ausbeutung geschützt. Seit 1996 in Kraft, soll die Richtlinie Mindestbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer festlegen, die während eines begrenzten Zeitraums in einem anderen Mitgliedstaat der EU eine Dienstleistung erbringen als in dem Land, in dem sie normalerweise arbeiten. Der bisherige unklare Rechtstext konnte Ausbeutung in der Pflege oder auf dem Bau nicht wirksam verhindern.

EP-Position: Die Revision der Entsenderichtlinie wurde federführend im Ausschuss für Beschäftigung und Soziales behandelt. Bei der entscheidenden Abstimmung im September 2017 schloss sich eine progressive Mehrheit den von S&D und EVP ausgehandelten Kompromissen an. Bei den späteren Trilogverhandlungen zwischen Rat, EU-Kommission und Europaparlament fand der Bericht des Europaparlaments in weiten Teilen die Zustimmung der Regierungen.

SPD-Position: Seit März 2016 läuft auf Drängen der europäischen Sozialdemokraten der Gesetzgebungsprozess zur Überarbeitung der Richtlinie. Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten konnten das Prinzip 'gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort‘ durchsetzen und so den Kommissionsvorschlag entscheidend ausweiten. Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können nun auch regionale und branchenspezifische Tarifverträge erhalten – vorher galten hier nur die allgemeinverbindlichen Tarifverträge. Das Verhandlungsergebnis sieht ebenso vor, dass Kosten, die bei einer Entsendung anfallen, nicht vom Lohn abgezogen werden dürfen - etwa der Transport zum Arbeitsort oder die Kosten für die Unterbringung. Die neuen Regeln schützen somit nicht nur die Beschäftigten, sondern außerdem deutsche Tarifstandards und somit unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen vor unlauterer Dumping-Konkurrenz.

Ausblick: Die Neufassung der Entsenderichtlinie ist ein großer Schritt hin zu einem faireren europäischen Arbeitsmarkt. Nach der Annahme im Plenum muss der neue Richtlinientext bis zum Jahr 2020 in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

Handelspolitik – verbesserter Schutz gegen Preisdumping

Verordnung; Debatte am Dienstag, 29.05.2018, ab 17 Uhr; Abstimmung am Mittwoch, 30.05.2018, ab 12.30 Uhr

Hintergrund: Das europäische System zur Bekämpfung unfairer Handelspraktiken ist dringend reformbedürftig, Das haben zahlreiche Dumpingfälle in den vergangenen Monaten und Jahren, die von der EU nur unzureichend und mit langer Vorlaufzeit adressiert wurden, offensichtlich gemacht. Eine Reform wurde durch eine jahrelange Blockadehaltung der EU-Mitgliedstaaten lange auf Eis gelegt. Erst Ende 2016 nahmen Gespräche im Ministerrat wieder Fahrt auf. Nachdem sich die Mitgliedstaaten endlich auf eine gemeinsame Position verständigt hatten, konnten Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament zur Ausgestaltung der Gesetzgebung beginnen. Nach intensiven Trilogverhandlungen einigten sich Ende 2018 die Verhandlungsteams des Europäischen Parlaments, angeführt vom Handelsausschussvorsitzenden Bernd Lange und des Ministerrates, auf ein Ergebnis. Die nun modernisierte Gesetzgebung beschleunigt Verfahren und gestaltet sie transparenter. Zudem erhalten umwelt- und arbeitsrechtliche Standards erstmals gleich an mehreren Stellen Einzug in die Gesetzgebung. So werden zum Beispiel auf Druck des Europaparlaments hin die Kosten der Einhaltung hoher EU-Umweltauflagen in Zukunft bei der Berechnung von Anti-Dumping Zöllen berücksichtigt. Dies wird in der Regel dazu führen, dass die EU in Zukunft höhere Anti-Dumping-Zölle verhängen kann und damit unlauterem Wettbewerb effektiver bestraft. Eine weitere Neuerung betrifft Gewerkschaften, denen in Zukunft erstmals explizit eine Rolle in den Verfahren ermöglicht wird. Vor allem kleinere europäische Unternehmen werden in Zukunft von einem Helpdesk profitieren, das als zentrale Anlaufstelle für Fragen und Unterstützung in Anti-Dumping-Fällen fungieren wird.

EP-Position: Die Fraktionen des Europäischen Parlaments sind sich bei diesem Dossier zu weiten Teilen einig. Einige neoliberale Kräfte hatten sich zwar für weniger starke Regeln und mehr Kontrolle durch Marktmechanismen ausgesprochen, diese konnten sich aber nicht durchsetzen.

SPD-Position: Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hatten sich seit Beginn der Verhandlungen zu diesem Dossier für einen effektiven Schutz der europäischen Industrie und der damit verbundenen Arbeitsplätze starkgemacht. Moderne Handelsschutzinstrumente müssen nach Ansicht der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten transparent, effektiv und gerecht sein. In dem nun zur Abstimmung stehenden Text wurde dieses Ziel, gegen teils erhebliche Widerstände aus dem Europaparlament und den Mitgliedstaaten, erreicht.

Ausblick: Nach einer Zustimmung im Plenum des Europäischen Parlamentes könnten die neuen Regeln umgehend in Kraft treten.

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