CO2-Reduktion, Besuch von Premier Jüri Ratas und neue Regeln für Netflix und Co.

01. Oktober 2018

In der nächsten Woche tagt das Europäische Parlament in Straßburg. Dort wird über den Vorschlag des Umwelt-Ausschusses ENVI zur drastischen Reduktion von Treibhausgasen von PKW und kleinen Nutzfahrzeugen im Plenum abgestimmt. Außerdem besucht Jüri Ratas, Premier des digitalen Vorreiters Estland das Europäische Parlament, um den Abgeordneten seine Sicht zu entscheidenden Zukunftsfragen der EU zu skizzieren. Ein weiterer wichtiger Punkt auf der Straßburg-Agenda wird die Abstimmung des Plenums über die Reform der Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste sein.

CO2-Ausstoß von Autos drastisch reduzieren – nachhaltig bewegen

Verordnung; Abstimmung im Plenum am Mittwoch, 03.10.2018, ab 12.30 Uhr

Hintergrund: Die EU-Kommission hat Vorschläge vorgelegt, um CO2-Emissionen von PKW und leichten Nutzfahrzeugen zu senken. Emissionsziele für die Hersteller sollen im Rahmen der klimapolitischen Ziele der EU, mit Blick auf Verbraucherinteressen sowie industriepolitische Weichenstellungen für 2025 und 2030 gesetzt werden. Die Europäische Kommission hat dafür neben prozentualen Reduktionszielen auch einen Anreizmechanismus für Niedrigemissionsfahrzeuge vorgesehen. EP-Position: Mehrere Fraktionen im Europäischen Parlament konzentrieren sich einseitig auf Konzerninteressen und blockieren so die Transformation zu einer nachhaltigen Mobilität in Europa. Andere ignorieren den Schutz der Millionen von Beschäftigten, die bei abrupten Umbrüchen auf der Strecke bleiben. Der Umweltausschuss im Europäischen Parlament hatte mit einer breiten Mehrheit für eine Reduktion von 45 Prozent gestimmt, gegen den heftigen Widerstand der CDU/CSU-geführten Minderheit, die den wenig ambitionierten Kommissionsvorschlag nochmal signifikant auf 20 Prozent abschwächen wollten.

SPD-Position: Die SPD-Europaabgeordneten machen sich für eine saubere und digitalisierte Mobilität unter Sicherung guter Arbeitsplätze in Deutschland und Europa stark. CO2-Emissionen müssen drastisch reduziert werden. Der Wandel zu effizienterer und emissionsärmerer Mobilität ist notwendig und hat bereits begonnen –Die Hersteller investieren in Niedrig- und Nullemissionsfahrzeuge. Neue Antriebsarten und effizientere Verbrennungsmotoren sind eine klimapolitische Notwendigkeit und bringen Verbraucherinnen und Verbrauchern erhebliche Ersparnisse an der Zapfsäule. Die deutsche und europäische Automobilindustrie darf diesen Wandel nicht verpassen. Ansonsten droht die EU gegenüber der USA und China ins Hintertreffen zu geraten. Die Europa-SPD arbeitet dafür, dass die Branche auch in Zukunft Garant für Arbeitsplätze und Wohlstand bleibt. Daher fordern wir, dass die Emissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2021 um mindestens 40 Prozent gesenkt werden. Dafür ist ein ehrgeiziger Ansatz mit Straßentests und funktionierenden Kontrollen nötig, damit die Verbesserungen verlässlich umgesetzt werden. Die S&D-Berichterstatterin im Umweltausschuss, Miriam Dalli, hat die Ziele der EU-Kommission deutlich nachgeschärft und den Anreizmechanismus um einen Strafmechanismus ergänzt. Sie fordert außerdem, dass für alle Fahrzeuge mittelfristig die Emissionen über die gesamte Lebensdauer einberechnet werden und dass die Tests der neuen Modelle auf der Straße stattfinden sollen, nicht mehr nur auf dem Teststand. Weitere Informationen zu nachhaltiger Bewegung in Europa sind auf der Homepage der Europa-SPD zu finden.

Ausblick: Kann sich das Parlament auf eine Position einigen, werden die Trilog-Verhandlungen beginnen, sobald auch die Umweltministerinnen und –minister ihre Position im Rat beschlossen haben, voraussichtlich am Dienstag, 9. Oktober 2018.

Debatte über die Zukunft der EU mit dem estnischen Premier Jüri Ratas

Debatte mit Jüri Ratas am Mittwoch, 03.10.2018, 10 Uhr bis 12.30 Uhr

Hintergrund: Seit Anfang 2018 lädt das Europaparlament zu jeder Plenarsitzung einen Staats- beziehungsweise Regierungschef zu einer Debatte über die Zukunft Europas ein. Nach dem Polen Mateusz Morawiecki war zuletzt der griechische Premier Alexis Tsipras in Straßburg zu Gast. Bei der ersten Oktober-Plenarsitzung wird Jüri Ratas, Premier des digitalen Vorreiters Estland die Abgeordneten adressieren und seine Sicht zu entscheidenden Zukunftsfragen und Herausforderungen der EU teilen.

Ausblick: Bundeskanzlerin Angela Merkel wird voraussichtlich im November 2018 nach Straßburg reisen.

Neue Video-Regeln für TV und Internet

Verordnung: Abstimmung am Dienstag, 02.10.2018, 12 Uhr bis 14 Uhr

Hintergrund: Die Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste gab bisher Grundregeln für Fernsehinhalte und Videoabrufdienste, zum Beispiel Netflix, vor. Durch eine umfassende Reform werden die Regeln für Bild und Ton an die Herausforderungen des digitalen Zeitalters angepasst und sollen in Zukunft für Bewegtbilder insgesamt, also auch online, auf Social Media Plattformen wie Facebook oder Videoplattformdiensten wie Youtube, gelten. Am Dienstag, 3. Oktober 2018, wird das Plenum in Straßburg über den finalen Text abstimmen, der nach langwierigen Trilog-Verhandlungen einen Kompromiss präsentiert. Folgende Veränderungen werden demnach in knapp zwei Jahren eingeführt sein: Die Richtlinie führt einen erweiterten Anwendungsbereich ein. Neben klassischen Medien wie Fernsehen fallen nun auch Videodienste im Internet unter die Gültigkeit der EU-Regularien. Darüber hinaus garantiert die Neuerung unter anderem einen verbesserten Jugendschutz, barrierefreien Zugang von Online-Diensten, eine Quote für europäische Werke von 30 Prozent sowie deren Kenntlichmachung von europäischen Werken bei Streaming-Anbietern wie zum Beispiel Netflix und eine Transparenzpflicht bei der Kennzeichnung von Werbung, Sponsoring und Product-Placement, zum Beispiel in Youtube-Videos.

EP-Position: Die Fraktionen im Europaparlament vertreten bis zuletzt verschiedene Standpunkte in einigen der zentralen Punkte der Richtlinie. Die liberale ALDE-Fraktion kritisierte weitergehende Verpflichtungen zu den Quoten und jegliche weitere Regulierung von Werbung, warb anfänglich dafür, auf Werbezeitenvorgaben gänzlich zu verzichten. Gemeinsam mit der konservativen EKR lehnen die Liberalen gesetzliche Verpflichtungen von online Anbietern ab und warben dafür, hier gänzlich mit Selbstregulierung zu arbeiten. Die Grünen setzten sich vor allem für restriktivere Werbevorgaben und letztlich auch für die Filmabgabe für Anbieter, die nicht im Zielland ansässig sind, ein. Die GUE wollte mit Blick auf die Schutzaspekte eine Vorabkontrolle für Bewegtbild-Inhalte, auch online, einführen. Sozialdemokratinnen und -demokraten positionierten sich gegen die Einführung eines derartigen Vorab-Filters. EVP und S&D achteten im Trilog darauf, zwischen teils extrem unterschiedlichen Positionen der politischen Gruppen und der Länder im Rat einen Kompromiss zu bilden.

SPD-Position: Der sozialdemokratischen Fraktion war es besonders wichtig, dass Online-Anbieter ähnlich verpflichtet werden wie TV Sender, da sie mittlerweile vergleichbar gute Reichweiten als Massenmedium erzielen. Deshalb war die Angleichung von Transparenzvorschriften für Werbung auf Online-Kanälen ein essentieller Verhandlungspunkt. Ehrgeizigere Regelungen zur Barrierefreiheit und zur Medienkompetenz waren ebenfalls S&D-Anliegen. Das gilt auch für den Jugendschutz online: Die Neuerung garantiert, dass Jugendliche vor gefährlichen und nicht altersgerechten Inhalten, die frei verfügbar im Internet zu finden sind, geschützt werden, indem z. B. Altersverifizierungen verpflichtend eingeführt werden.

Ausblick: Nach einer erfolgreichen Abstimmung im Plenum haben die Mitgliedsstaaten 21 Monate Zeit, die neue Richtlinie in nationales Recht zu integrieren.