In der nächsten Woche tagt das Europäische Parlament in Straßburg. Ganz oben auf der Agenda stehen unter anderem die Abstimmung zur CO2-Reduktion im Straßenverkehr im Umweltausschuss sowie die Rede zur Lage der Union von Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker und die daran anschließende Aussprache im Plenum. Außerdem wird über die Verordnung zur Urheberrechtsreform abgestimmt.
Zu diesen Themen bekommen Sie im Laufe der Woche genauere Informationen und hier eine kurze Vorschau:
CO2-Ausstoß von Autos drastisch reduzieren – nachhaltig bewegen
Verordnung; Abstimmung im Umweltausschuss am Montag, 10.09.2018, ab 19 Uhr
Hintergrund: Die EU-Kommission hat Vorschläge vorgelegt, um CO2-Emissionen von PKW und leichten Nutzfahrzeugen zu senken. Emissionsziele für die Herstellerinnen sollen im Rahmen der klimapolitischen Ziele der EU, mit Blick auf Verbraucherinneninteressen sowie industriepolitische Weichenstellungen für 2025 und 2030 gesetzt werden. Die Europäische Kommission hat dafür neben prozentualen Reduktionszielen auch einen Anreizmechanismus für Niedrigemissionsfahrzeuge vorgesehen.
EP-Position: Mehrere Fraktionen im Europäischen Parlament konzentrieren sich einseitig auf Konzerninteressen und blockieren so die Transformation zu einer nachhaltigen Mobilität in Europa. Andere ignorieren den Schutz der Millionen von Beschäftigten, die bei abrupten und zu harten Umbrüchen auf der Strecke bleiben.
SPD-Position: Die SPD-Europaabgeordneten machen sich für eine saubere und digitalisierte Mobilität unter Sicherung guter Arbeitsplätze in Deutschland und Europa stark. CO2-Emissionen müssen drastisch reduziert werden. Der Wandel zu effizienterer und emissionsärmerer Mobilität ist notwendig und hat bereits begonnen – Die Herstellerinnen investieren in Niedrig- und Nullemissionsfahrzeuge. Neue Antriebsarten und effizientere Verbrennungsmotoren sind eine klimapolitische Notwendigkeit und bringen Verbraucherinnen erhebliche Ersparnisse an der Zapfsäule. Die deutsche und europäische Automobilindustrie darf diesen Wandel nicht verpassen. Ansonsten droht die EU gegenüber der USA und China ins Hintertreffen zu geraten. Die Europa-SPD arbeitet dafür, dass die Branche auch in Zukunft Garant für Arbeitsplätze und Wohlstand bleibt. Daher fordern wir, dass die Emissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2021 um mindestens 40 Prozent gesenkt werden. Dafür ist ein ehrgeiziger Ansatz mit Straßentests und funktionierenden Kontrollen nötig, damit die Verbesserungen verlässlich umgesetzt werden. Die S&D-Berichterstatterin im Umweltausschuss, Miriam Dalli, hat die Ziele der EU-Kommission deutlich nachgeschärft und den Anreizmechanismus um einen Strafmechanismus ergänzt. Sie fordert außerdem, dass für alle Fahrzeuge mittelfristig die Emissionen über die gesamte Lebensdauer einberechnet werden und dass die Tests der neuen Modelle auf der Straße stattfinden sollen, nicht mehr nur auf dem Teststand. Weitere Informationen zu nachhaltiger Bewegung in Europa sind auf der Homepage der Europa-SPD zu finden.
Ausblick: Die Verordnung wird nach der Abstimmung im Umweltausschuss an das Plenum überwiesen, wo im Oktober final darüber abgestimmt werden soll.
Lage der Europäischen Union – zwischen Krise und Aufbruch
Debatte am Mittwoch, 12.9.2018, ab 9 Uhr bis 11.50 Uhr
Hintergrund: Die Zustimmung der Bürgerinnen zur Europäischen Union hat weniger als ein Jahr vor der richtungsweisenden Europawahl Ende Mai 2019 ein Rekordhoch erreicht. Mehr als zwei Drittel der EU-Bürgerinnen und 75 Prozent der Deutschen sind laut „Eurobarometer“ der Ansicht, dass ihr Land von der EU-Mitgliedschaft profitiert. Das ist der höchste Wert in Europa seit 1983, als die EU (damals noch EG – Europäische Gemeinschaft) noch deutlich weniger Mitgliedstaaten hatte. Eine Ursache: Die globalen Kräfteverhältnisse verschieben sich. Unter Donald Trump werden die Vereinigten Staaten als Partner zunehmend unzuverlässig und erratisch. Globale Vereinbarungen wie Pariser Vertrag, UNESCO-Zusammenarbeit, Welthandelsregeln oder Gewissheiten über die NATO löst die US-Regierung einseitig auf. Das bietet die Chance, die europäische Zusammenarbeit zu intensivieren. Innerhalb der Europäischen Union wird der Zusammenhalt allerdings durch Nationalkonservative wie den ungarischen Premier Viktor Orban, die polnische PiS-Regierung oder die Populistinnen und Nationalistinnen in der italienischen Regierung herausgefordert. Laut der britischen Regierung soll zudem der Brexit am 29. März 2019 um 24 Uhr MEZ rechtskräftig werden – noch vor der Europawahl vom 26. bis zum 29. Mai. Vor dem Hintergrund dieser und vieler weiterer Herausforderungen debattiert am Mittwoch, 12. September 2018, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und das gesamte Plenum über die „Lage der Union“.
SPD-Position: Die europäische Sozialdemokratie bietet das Gegenmodell zum EVP-Parteifreund Viktor Orban, zu den Brexitern Großbritanniens, den Nationalkonservativen in Polen oder den Nationalistinnen Italiens von der Lega: die politische Kraft des Fortschritts gegen die rückwärtsgewandten Rechtspopulistinnen und Nationalistinnen. Mit einem sozialdemokratischen Aufbruch nach der Europawahl kann die noch immer viel zu schwache soziale Dimension der Europäischen Union ebenso vertieft werden, wie die europäische Integration gegen künftige Krisen. Der konservative Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sein Versprechen nicht eingelöst, Europa ein "soziales Triple-A" zu verschaffen. der Vorschlag zur Europäischen Säule Sozialer Rechte der EU-Kommission aus dem April 2017 ist deutlich hinter diesem Anspruch zurückgeblieben. Die Messlatte war ein Bericht mit ambitionierten Forderungen, der unter sozialdemokratischer Federführung entstanden ist, und den das Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet hat. Zu den Kernpunkten gehörten beispielsweise eine Rahmenrichtlinie für menschenwürdige Arbeitsbedingungen sowie eine Grundsicherung für alle Kinder, die in Armut leben. Diese Vorschläge hat die EU-Kommission weitgehend missachtet. Bei der Europawahl 2019 können die Bürgerinnen gegensteuern.
Zudem setzen sich die Sozialdemokrat_innen für eine umfassende europäische Integration ein. In kritischen Bereichen fehlt es der EU aufgrund mangelnder Kompetenzen und divergierender nationaler Interessen an ausreichender Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit. Zugleich ist offensichtlich, dass sich nicht alle EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen bzw. zeitgleich stärker engagieren wollen. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die Länder, die die europäische Einigung vorantreiben wollen, nicht ausgebremst werden.
Ausblick: Die letzte Rede sowie Plenardebatte zur Lage der Union vor der Europawahl sollte die Höhe- und Tiefpunkte der Arbeit der EU-Kommission in dieser Legislaturperiode beleuchten sowie neue Perspektiven für die Zeit nach der Europawahl aufzeigen.
Urheberrechtsreform – Uploadfilter stoppen
Richtlinie, erste Lesung; Debatte Dienstag, 11.09.2018, ab 15 Uhr; Abstimmung Mittwoch, 12.09.2018, ab 12.30 Uhr
Hintergrund: Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Reform sollte ursprünglich das Urheberrecht an die digitalen Bedingungen des 21. Jahrhunderts anpassen. Doch eine knappe Mehrheit der Europaparlamentarierinnen hat die umstrittene Richtlinie im Juli zunächst gestoppt. Kontrovers bleiben insbesondere die neuen Bestimmungen zu sogenannten Uploadfiltern sowie zum Leistungsschutzrecht für Presseverlegerinnen. Jetzt stimmt das Plenum in Straßburg ab.
SPD-Position: Die Regeln zu Uploadfiltern kann die Europa-SPD in der derzeitigen Form nicht unterstützen. Die vorgesehenen Algorithmen gefährden durch automatisiertes Blockieren von Inhalten die Meinungs- und Kunstfreiheit. Zudem sind sie fehleranfällig, so dass ein Overblocking droht. Regeln für einen Rechtsbehelf für Nutzer_innen bei Fehlentscheidungen sind ebenfalls nicht ausreichend vorgesehen.
Doch in wichtigen weiteren Punkten konnten sich die Sozialdemokratinnen bei der Ausschussabstimmung zu diesem Bericht durchsetzen: mit einem starken unmittelbaren Schutz von Urheberinnen durch faire Vergütungsklauseln, Transparenzpflichten, Mechanismen zur Streitbeilegung sowie Klauseln zur Vertragsanpassung und zu einem besonderen Widerrufsrecht werden Kreative unmittelbar gestärkt. Diese Vorschriften müssen erhalten bleiben.
Ausblick: Sollte die Mehrheit des Plenums des Europäischen Parlaments für die Richtlinie stimmen, können die Triloge unter der österreichischen Ratspräsidentschaft beginnen. Stimmt die Mehrheit dagegen, wird der Vorschlag an den zuständigen Rechtsausschuss zurücküberwiesen.